Einführung in den CO₂-Rechner Creative Green Tools

Der CO₂-Rechner Creative Green Tools von Julie's Bicycle und dem Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien ist ein kostenloses Tool, das speziell auf die Bedürfnisse der Kulturbranche angepasst wurde. In diesem How-To Tutorial zeige ich die ersten Schritte im Umgang damit.

Einführung in den CO₂-Rechner Creative Green Tools
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Die Creative Green Tools sind in Deutschland nur noch bis Juni 2023 verfügbar. Mehr dazu hier: 
Das Ende der Creative Green Tools
Der kulturspezifische CO₂-Rechner wird vom Markt genommen – und mit ihm ein wertvolles Werkzeug für die Erstellung von CO₂-Bilanzen, an das sich viele langsam gewöhnt hatten.

Zugang

Der Rechner ist online auf https://germany.ig-tools.com zu finden. Dort kann sich jeder ein kostenloses Benutzerkonto erstellen. Da der CO₂-Rechner kostenlos ist, kann man allerdings leider nicht erwarten, dass man Hilfe von einem Kundenservice bekommt.

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Herangehensweise

Das Ziel ist die Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen. Das ist natürlich mit einer CO₂-Bilanzierung noch lange nicht erreicht, sondern erst durch die Umsetzung gezielter Maßnahmen.
Die CO₂-Bilanz ist jedoch ein essenzieller Schritt, denn nur was man misst, kann man auch verbessern („What you measure, you will manage“). Aus den Ergebnissen Bilanz kann man verschiedene Maßnahmen ableiten. Die Zahlen verschiedener Bereiche werden verglichen, sodass man sieht, wo die größten Hebel sind. So lassen sich die Maßnahmen priorisieren, die den größten positiven Einfluss auf die Klimabilanz haben werden.
Wenn man zum Beispiel herausfindet, dass eine alte Ölheizung für 65 % des CO₂-Ausstoßes verantwortlich ist, ist es an der Zeit, sich nach einer modernen Alternative umzusehen!

Systemgrenzen

Betrachten wir den Kulturbetrieb als System, der einen gewissen Ausstoß von Treibhausgasen hat. Es ist gar nicht so leicht zu definieren, wo das System beginnt und wo es endet. Gehört der CO₂-Ausstoß meiner Lieferanten zu meiner Bilanz? Wie sieht es aus mit den Herstellungsemissionen der Plastikbecher, die ich auf meinem Festival verwende?

Eine Systemgrenze kann dabei helfen, sich erstens nicht zu verzetteln, aber auch um Vergleichbarkeit zwischen den Bilanzjahren herzustellen. Sie gibt den Arbeitsrahmen der Bilanz vor.

Generell sollte man solche Emissionen nicht ausschließen, welche für die Klimabilanz wesentlich sind. Wer zum Beispiel viel Publikumsverkehr hat, sollte die Emissionen aus der Besucher:innenmobilität nicht außen vor lassen.

Scopes

Die sogenannten „Scopes“ kategorisieren verschiedene Emissionsquellen. Sie können bei der Festlegung von Systemgrenzen helfen und werden für viele Zertifizierungen herangezogen.

Beschreibung Beispiele
Scope 1 Direkte Emissionen von Quellen, die man selbst besitzt bzw. kontrolliert. Diesel-Generator, Ölheizung, eigene Fahrzeuge
Scope 2 Eingekaufte Energie, die woanders produziert wird. Strom, Fernwärme
Scope 3 Indirekte Emissionen, die aus Aktivitäten des Betriebes entstehen Geschäftsreisen, Produktion von Rohstoffen, Abfallmanagement

Der Creative Green Tools CO₂-Rechner kann fast alle Emissionen aus Scope 1 und 2 abbilden, jedoch fehlen bei Scope 3 insbesondere die Emissionen aus Catering, die man mit einem anderen zusätzlichen Rechner berechnen muss.

Datenquellen

Bevor der Rechner eine CO₂-Bilanz berechnen kann, muss er mit Daten gefüttert werden. Je präziser diese Daten sind, desto besser. Manchmal können Zahlen aber auch nur geschätzt werden, wenn etwa der Strom oder Abfall eines Gebäudes nicht separat erfasst wurde.

Die beste Herangehensweise ist, eine Liste von benötigten Daten herauszuarbeiten, indem man einfach mal versucht, alles im Rechner auszufüllen. Alles, was unbekannt ist, kommt auf die Liste.

Mit dieser Liste an unbekannten Daten geht man jetzt auf Detektivsuche beim Gebäudemanagement, bei der Tourplanung, bei den Intendant:innen, beim Catering, usw. Je nachdem, welches Projekt man bilanziert, sind die Anforderungen sehr unterschiedlich.

Daten werden oft da gesammelt, wo Geld bezahlt werden muss. „Follow the money“ gilt auch bei der Suche nach Datenquellen. Hier sind einige Beispiele:

  • Betriebskostenabrechnung / Nebenkostenabrechnung des Vermieters (Strom, Wasser, Heizung) oder die eigene Ablesung der Zähler
  • Angaben zum Gebäude (m², Baujahr etc.) aus dem Mietvertrag oder Kaufunterlagen
  • Müllentsorgung-Rechnung, besser noch das Zählen der Müllsäcke
  • Verkaufte Tickets aus der Buchhaltung
  • Dauer und Umfang eines Events (Anzahl Künstler, Anzahl Bühnen etc.) aus Planungsunterlagen
  • Strombedarf für Bühnenbeleuchtung und Beschallung durch Gespräche mit Bühnentechnikern oder aus Benutzerhandbüchern der Scheinwerfer und Lautsprecher
  • Besucheranreise-Daten aus Umfragen beim Besuchereinlass
  • Fahrtenbücher der Mitarbeiten
  • Auflistung Geschäftsreisen
ℹ️
Wichtig: Man darf sich nicht von fehlenden Daten entmutigen lassen! Es ist Teil der Aufgabe, die Datenquellen für die Folgejahre zu verbessern.

Menüpunkt Daten

Unter dem Menüpunkt „Daten“ gibt es die Untermenü-Punkte „Daten hinzufügen“, wo Gebäude und Projekte für verschiedene Jahre erstellt werden, und „Footprints“, wo alle bereits abgeschlossenen und unfertigen CO₂-Bilanzen als Tabelle aufgelistet auf sortiert werden können.

Komponenten einer CO₂-Bilanz

Der CO₂-Rechner ist flexibel und kann sich an die meisten Unternehmen und Institutionen anpassen. Das Ziel ist die Bilanzierung des Fußabdrucks des gesamten Jahres. Das beinhaltet meistens die Bilanzierung eines oder mehrere Gebäude, sowie einzelner Projekte, die in oder außerhalb der Gebäude stattfinden. Die Projekte sind eigentlich genauso wie Gebäude, nur dass sie eine begrenzte Zeit stattfinden und nicht das ganze Jahr.

Unter dem Untermenü-Punkt „Daten hinzufügen“ kann man diese Komponenten erstellen. Jedes Gebäude und jedes Projekt bekommt seine eigene Bilanz, die nachher zu einer Gesamtbilanz zusammengerechnet werden.

Nach Erstellen eines Gebäudes oder Projekts können sie mit Daten befüllt werden. Die verschiedenen Reiter sind je nach ausgewähltem Typ unterschiedlich. Die Unterschiede erkläre ich im nächsten Abschnitt.

Projekt

Bei der Erstellung eines Projektes muss man zwei Parameter auswählen: „Was wird gemessen?“ und „Bereich“:

Was wird gemessen?

Diese Auswahl beeinflusst, welche Reiter später angezeigt werden. Outdoor- und Indoor-Veranstaltungen sind ähnlich, bis auf die Informationen unter dem Reiter „Allgemein“. Bei Touren und Produktionen werden mitunter ganz andere Daten abgefragt.

Es sind vier Optionen auswählbar:

  • Outdoor-Veranstaltung
  • Indoor-Veranstaltung
  • Tour
  • Produktion

Manchmal lässt sich ein tatsächliches Projekt nur durch Anlegen von zwei Projektarten adäquat beschreiben, wie etwa bei einer Produktion, die in einer Tour eingesetzt wird.

Outdoor Veranstaltung

Eine zeitbegrenzte Veranstaltung wie z.B. ein Festival, das unter freiem Himmel stattfindet. Hier werden zusätzlich Daten zur Lage benötigt (städtisch, peri-urban oder ländlich), die Besucherkapazität, die Anzahl der Bühnen etc.
Oft ist die Publikumsanreise der größte Faktor in der CO₂-Bilanz.

Indoor Veranstaltung

Eine Veranstaltung, die in einem Gebäude stattfindet. Es gibt natürlich eine Menge verschiedener Unterkategorien:

  • Kunst-Galerie
  • Kunstzentrum
  • Kunst-Studio
  • Bibliothek
  • Museum
  • Kino
  • Theater o. ä.
  • Tanzstudio
  • Konzerthaus / Oper
  • Auditorium
  • Werkstatt / Lager / Geschäft
  • Club (< 1000 Kapazität)
  • Club (1000 – 5000 Kapazität)
  • Arena (5000 - 23000 Kapazität)
  • Stadium (> 23000 Kapazität)
  • Veranstaltungshalle

Es werden zusätzlich Informationen zum Gebäude wie Baujahr und Grundfläche des Veranstaltungsorts benötigt.

Tour

Eine Veranstaltungsreihe an mehreren Orten über einen bestimmten Zeitraum. Hier wird zusätzlich die Reichweite abgefragt, z. B. Deutschland-, Europa- oder Welttournee. Außerdem gibt es einen Reiter „Produktion“, in dem Transport und Energiebedarf der Show gemessen wird. Die Reiter „Personaltransport“ und „Unterbringung“ erfassen die Reise aller Personen, die die Tour begleiten. Unter „Aufführungen“ werden die Anzahl der Auftritte nach Ort und Ticketverkäufen eingetragen.

Produktion

Eine Produktion beinhaltet die Reiter „Set-Design und Management“ und „Licht, Ton und Effekte“ – es geht also um das Gestalten und Betreiben eines Sets oder einer Bühnenkonstruktion.
Es werden zusätzlich Daten zur Crew, Proben- und Aufführungstagen, verwendeten Materialien (Holz, Metall etc.), Strombedarf für Beleuchtung und Beschallung abgefragt.

Bereich

Der Bereich hat Auswirkungen auf bestimmte Inhalte der Reiter. Manchmal sind es nur die Beschreibungen zu den einzelnen Feldern, manchmal werden zusätzliche Informationen abgefragt.

Es sind folgende Optionen auswählbar:

  • Circus Arts
  • Kombinierte Künste
  • Tanz
  • Mode
  • Bibliothek
  • Literatur
  • Museum
  • Musik
  • Sport
  • Theater
  • Bildende Kunst

Zusätzlich abgefragte Informationen

Mode

Wo? Was?
Indoor-/Outdoor-Veranstaltung → Reiter “Energieverbrauch” Abfrage Anmeldung “Fashion SWITCH”-Kampagne. Diese Kampagne existiert nur in Großbritannien.

Musik

Wo? Was?
Tour → Reiter “Auftritte” Anzahl der Marketing-, Headliner-, Co-Headliner- und Vorband-Auftritten

Gebäude

Bei Gebäuden wird anders als bei Projekten angenommen, dass sie das ganze Jahr betrieben werden.

Bei der Erstellung eines Gebäudes muss man zwei Parameter auswählen: „Was wird gemessen?“ und „Bereich“:

Was wird gemessen?

Diese Auswahl beeinflusst, welche Reiter später angezeigt werden. Zur Auswahl stehen:

  • Büro
  • Veranstaltungsort / Kulturelles Gebäude

Alle Gebäude-Arten im Überblick:

Büro

Es werden Gebäudeinformationen wie die Quadratmeter, Mitarbeiteranzahl und Art des Büros abgefragt. Hier stehen zur Auswahl:

  • Zu Hause (bei Home-Office)
  • Natürlich belüftetes Großraumbüro
  • Natürlich belüftete Einzelbüros
  • Standard Klimaanlage
  • Premium Klimaanlage
  • Künstleratelier

Bei Home-Office müssen außerdem die Stunden pro Woche angegeben werden.

Veranstaltungsort / Kulturelles Gebäude

Es werden Gebäudeinformationen (m², Baujahr etc.), die gesamte Besucheranzahl, Informationen zu Bühnen/Aufführungsräumen, Öffnungszeiten und Mitarbeiteranzahl abgefragt. Falls es eine Gastronomie gibt, müssen auch hier Daten eingetragen werden.

Bereich

Der Bereich hat Auswirkungen auf bestimmte Inhalte der Reiter. Manchmal sind es nur die Beschreibungen zu den einzelnen Feldern, manchmal werden zusätzliche Informationen abgefragt.

Es sind folgende Optionen auswählbar:

  • Circus Arts
  • Kombinierte Künste
  • Tanz
  • Mode
  • Bibliothek
  • Literatur
  • Museum
  • Musik
  • Sport
  • Theater
  • Bildende Kunst

Zusätzlich abgefragte Informationen

Mode

Wo? Was?
Indoor-/Outdoor-Veranstaltung → Reiter “Energieverbrauch” Abfrage Anmeldung “Fashion SWITCH”-Kampagne. Diese Kampagne existiert nur in Großbritannien.

Menüpunkt Ergebnisse

Unter dem Menüpunkt „Ergebnisse“ werden alle Emissionen der Gebäude und Projekte zusammenfassend dargestellt. Basierend auf diesen Daten können Maßnahmen abgeleitet werden.

Zusammenfassung

Unter dem Untermenü-Punkt „Zusammenfassung“ werden die Emissionen eines Bilanzjahres im Überblick grafisch dargestellt. Sie können zudem als .csv oder .pdf Datei heruntergeladen werden.

Vergleichen

Unter dem Untermenü-Punkt „Vergleichen“ können Bilanzen von Gebäuden und Projekten von verschiedenen Jahren miteinander verglichen werden.

Die Anzahl der emittierten CO₂e der gesamten Bilanz eignet sich nur eingeschränkt für einen Vergleich mit vorherigen Jahren, denn die Anzahl der Veranstaltungen kann von Jahr zu Jahr schwanken. Es empfiehlt sich, Teile der Bilanz einzeln anzusehen: Eine Gebäudebilanz eignet sich, wenn man die Auswirkung umgesetzter Maßnahmen sehen möchte. Auch reguläre Veranstaltungsreihen lassen sich vergleichen, jedoch muss man dabei im Blick behalten, wie sich die Veranstaltung insgesamt entwickelt hat.

Der CO₂-Fußabdruck steigt mit der Anzahl der Besucher, die pro Jahr schwankt. Auch andere Werte korrelieren, wie die Veranstaltungstage oder die Anzahl der Mitarbeiter. Die Berechnung des CO₂-Ausstoßes pro Besucher oder pro Veranstaltungstag stellt eine bessere Vergleichbarkeit her.

Detail

Unter dem Untermenü-Punkt „Detail“ sind die einzelnen Komponenten der Bilanzen aufgelistet, zum Beispiel wie viel CO₂-Äquivalente (CO₂e) vom verbrannten Biodiesel oder durch das Abwasser verursacht wird. Die Detailansicht ist hilfreich beim Ableiten und Priorisieren von Maßnahmen.

Andere Menüpunkte

Benchmarks

ℹ️
In der Pilotphase ist dieser Bereich nicht funktionsfähig.

Unter dem Untermenü-Punkt „Benchmark“ kann man die eigenen Ergebnisse im Kontext anderer, ähnlicher Kulturbetriebe bewerten. Ein Benchmark ist ein Vergleichsmaßstab zur Einordnung der CO₂-Emissionen.

Die Frage nach der Vergleichbarkeit mit anderen Kulturbetrieben stellt sich automatisch. Wie stehe ich da im Vergleich mit anderen? Bin ich besser oder schlechter? Ein Vergleich ist aber nicht immer sinnvoll oder überhaupt möglich, denn jeder Kulturbetrieb ist unterschiedlich. Bei der Erstellung anderer Bilanzen können außerdem andere Systemgrenzen definiert worden sein, was einen Vergleich erschwert.

Über die Benchmark-Funktion wird der Versuch unternommen, Kulturbetriebe mit ähnlichen Eingaben etwa zur Größe von Veranstaltungen oder Gebäuden zu vergleichen.

Dokumente

ℹ️
In der Pilotphase ist dieser Bereich nicht funktionsfähig.

Unter dem Menüpunkt „Dokumente“ können Dokumente hochgeladen werden, die für eine Zertifizierung angefordert wurden.

FAQ

Was soll ich tun, wenn meine Tour oder Veranstaltung über ein Jahr hinaus in ein anderes Jahr reicht?

Um eine gewisse Vergleichbarkeit zwischen den Jahren herzustellen, sollte das Projekt nur bis 31. Dezember angelegt, und ein zweites Projekt im Folgejahr angelegt werden.

Wenn man ein Gebäude erstellt, dann aber auch noch Veranstaltungen als Projekte erstellt, soll man die Tage dieser Veranstaltung von den Öffnungstagen des Gebäudes im Reiter "Allgemein" abziehen? Sonst würden sie ja doppelt in die Bilanz gelangen.

Regelmäßige Veranstaltungen sollten in einer Gebäudebilanz eines Veranstaltungsortes erfasst werden. Eine Veranstaltungsreihe sollte jedoch als Projekt angelegt werden.

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